insideDaily 162/19Pitstop - Ach, hätte ich mal nur ...
Wer kennt diese Sätze nicht: 'Hätte ich mehr Zeit zum Üben, hätte ich den letzten Turn mal besser erwischt, hätte ich mehr Erfahrung, hätte mich der andere nicht abgeräumt, hätte ich bessere Monitore/VR/Pedale/Lenkrad.'
Dass diese Gedankengänge wohl nicht der richtige Ansatz sind, sollte wohl jedem gleich auffallen. Mit dieser Einstellung wird man keine Herausforderung im Leben schaffen, sondern einfach nur sorgenfrei die Schuld von sich weisen. Natürlich ist dieser Weg einfacher, aber besser wird man damit nicht.
Wie schon im letzten Pitstop erzählt, so gilt es mit unserem Gehirn zu arbeiten. Dazu gehört es auch zu verstehen, dass diese Sätze nur eine Erleichterung für die Psyche sind. Man sollte sich aber mal die wirklich guten Fahrer ansehen. Es gibt in iRacing 'Aliens', die waren bereits vor 15 Jahren mit NASCAR Racing 2003 auf diesem Level. Das liegt nicht nur an einem gewissen Talent, sondern an tausenden von investierten Stunden.
Aber was ist eigentlich 'Talent'? Einigen fallen gewisse Aufgaben leichter, da Sie Informationen besser aufnehmen können eine bessere Lernbereitschaft haben. Fahrer mit Talent können ihre Aufgaben besser erkennen und ebenso schneller an einer Lösung arbeiten. Und dennoch ruhen sie sich nicht darauf aus, sondern arbeiten immer weiter an sich und neuen Aufgaben.
Es ist zudem ein Irrglaube, dass die wirklich guten Fahrer auch gutes Equipment haben. Zu NR2003-Zeiten sind einem Fahrer mit einem Joystick um die Ohren gefahren. Heute gibt es auch Pro-Fahrer, die mit einem alten Logitech Lenkrad und einem unterdimensionierten PC fahren. Mit guter Hardware kauft man sich noch lange keine besseren Leistungen.
Doch statt die Schuld von sich zu weisen, ist es ratsamer herauszufinden, was man anders hätte machen können. Man wurde von einem anderen Fahrer aus dem Rennen genommen? Statt 'Ich habe nichts falsch gemacht' wäre die Frage 'Was hätte ich anders machen können?' die richtige Reaktion. Dazu gehört es auch potenziell gefährliche Fahrer vor dem Unfall zu erkennen und lieber auf 1-2 Plätze in der Situation zu verzichten, statt in der Pitlane eine halbe Stunde auf einen neuen Motor warten zu müssen.
Ich bin in einem Rennen der letzten Woche bei einem Unfall meinem Vordermann aufgefahren. Meine Reaktion war nicht etwa 'Da war kein Platz' oder 'Ich konnte nicht rechtzeitig reagieren'. Ich habe noch beim Auffahren gemerkt, dass ich genügend Zeit hatte, aber falsch reagiert habe. Also hab ich mir nach dem Rennen noch einmal die Situation angeschaut und gemerkt, dass ich mit etwas weniger Druck auf dem Bremspedal auf den Apron gekommen wäre und dort am Unfall hätte vorbei fahren können. Ich habe einfach die Situation falsch eingeschätzt und muss daraus lernen, um den Auffahrunfall nicht zu wiederholen.
Einer der besten Ratschläge ist übrigens recht weit im Internet verbreitet und stammt aus der World of Warcraft-Community. Es wurde sich darüber beschwert, dass eine bestimmte Klasse zu stark sei. Die Reaktion ist kurz, simpel und fasst die Aussage sehr gut zusammen: 'Alles in Ordnung, lerne zu spielen.'
Also nicht auf das 'Hätte, Wäre, Wenn...' stürzen, sondern selber die Kontrolle übernehmen!